In der Pharmazie und der Synthese von Fein- und Spezialchemikalien ist es von großer Bedeutung, dass die eingesetzten Katalysatoren möglichst selektiv arbeiten: Je spezifischer eine Reaktion abläuft, desto weniger Substrat endet in Nebenprodukten oder ungenutztem Abfall.
„Hochselektive Katalysatoren arbeiten also effizient und umweltschonend“, fasst Prof. Dr. Dirk Tischler, Leiter der Arbeitsgruppe Mikrobielle Biotechnologie der RUB, zusammen. Die Selektivität erlaubt es auch mitunter, nur genau die Verbindungen mit der gewünschten Eigenschaft herzustellen, etwa mit einer medizinischen Wirkung.
Das betrifft insbesondere Verbindungen, die sich wie Bild und Spiegelbild zueinander verhalten, die sogenannten Enantiomere. Sie bestehen aus den gleichen Atomen und haben identische Bindungsmuster, sie unterscheiden sich aber in der räumlichen Anordnung der Atome. Dies ist beispielsweise mit den Händen vergleichbar: Die rechte und linke Hand sind gleich aufgebaut, können aber räumlich nicht zur Deckung gebracht werden. Ein Beispiel für eine solche Verbindung findet sich unter den Aromastoffen: Carvon gibt es in zwei Formen, wobei (S)-Carvon in der Minze und (R)-Carvon im Kümmel vorkommt.
In der nun in ACS Catalysis veröffentlichten Arbeit haben sieben Promovierende der Graduiertenschule MiCon einen neuen Weg zur selektiven Gewinnung von Epoxiden entwickelt. Dieses sind zyklische chemische Verbindungen, die mindestens einen sogenannten Dreiring aufspannen, in diesem Fall aus zwei Atomen des Kohlenstoffs und einem Sauerstoffatom. Dies macht sie zu sehr reaktionsfähigen Molekülen, die unter anderem in der Synthese von Polymeren, Feinchemikalien sowie Pharmazeutika eingesetzt werden.
Die Forschenden haben eine neue Gruppe von Enzymen des Typs Glutathion-S-Transferase biochemisch und strukturell beschrieben. Die biochemischen und anwendungsorientierten Arbeiten fanden dabei in der AG Mikrobielle Biotechnologie der RUB statt, die Strukturaufklärung wurde von der zentralen Proteinkristallographie der RUB und dem Center für Strukturelle Studien an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (Leitung: Prof. Dr. Sander Smits) unterstützt.
Prof. Smits: „Die strukturellen Ergebnisse, die in Bochum gewonnen werden konnten, basieren auf einem kristallisierten Protein. Wir konnten mit der Kleinwinkelstreuung zeigen, wie sich das Protein in wässriger Lösung verhält.“
„Die Enzyme erkennen bei ausgewählten Epoxiden die räumliche Struktur und setzen dann bevorzugt eine davon um“, erläutert Doktorandin Melody Haarman, Erstautorin der Studie. Auf diese Weise kann bei einer Mischung von enantiomeren Epoxiden eines selektiv abgebaut und dabei das andere angereichert werden, so dass recht einfach der reine Stoff entsteht. Dies wurde für verschiedene aromatische Epoxide erfolgreich gezeigt.
Die Enzyme stammen aus dem Abbauprozess des Schadstoffs Styrol. Sie entgiften die Epoxide, die im Zuge des Abbaus entstehen. „Diese Reaktion ist identisch zu der Entgiftung von Epoxiden im menschlichen Körper und zeigt daher eindrucksvoll, dass die Natur erfolgreiche Konzepte für verschiedenste Aufgaben nutzt“, so Doktorand Max Scholz. „Wir können also noch viel lernen und natürliche Reaktionen in für uns nützliche Synthesen übertragen.“
Die Arbeiten wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft im Rahmen des Graduiertenkollegs MiCon unterstützt. Das Center für Structural Studies ist ein DFG-geförderte Infrastruktur an der HHU im Rahmen des Gerätezentrumprogramms.
Originalpublikation
Melody Haarman et. al.. Glutathione S-Transferase Mediated Epoxide Conversion: Functional and Structural Properties of an Enantioselective Catalyst. ACS Catalysis, 15, 12308-12324 (2025).
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